Alles sporteln, ich schlafe: Herzlich Willkommen im Januar-Blues!

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Ist denn schon wieder Januar? Das ging unserer Autorin jetzt irgendwie zu schnell. Statt im Fitnessstudio dreht sie noch eine extra Runde im Bett. Wie jedes Jahr.

Meine Kollegin hat mich heute Morgen gefragt, ob ich Madys Yoga Challenge mitmachen würde. Ähm, ja, vielleicht, ich weiß nicht, das ging schon los? Wie jetzt, wir haben schon den 3. Januar und es gibt Menschen, die wirklich am 1. angefangen und ihr Leben umgekrempelt haben? Die jeden Tag eine Stunde früher aufstehen, um zu yogieren, um den Block zu joggen oder auf Crosstrainern zu strampeln? Alles, was ich wegstrample, ist meine Bettdecke. Und die doch sehr widerwillig.

Ich bin ganz ehrlich: Ich bin noch nicht so richtig im Januar angekommen. Stattdessen hänge ich irgendwo zwischen den Jahren fest, in einem dumpfen, wohlig-warmen Schwebezustand, der mir gerade ein bisschen zu gut gefällt. Ich mag den unaufgeregten Stillstand, auf den sich die Menschen ausnahmsweise ganz ohne Aufsehen, klammheimlich und stillschweigend, zwischen Weihnachten und Neujahr einigen können. 

Das Hemd wird aufgeknüpft, der Gürtel lockerer geschnallt, ob aus Plätzchen-Plauze oder Gelassenheit tut dabei nicht zur Sache. Man lässt für ein paar Tage einfach mal los. Den Dresscode, den Weihnachtsstress, die Rollen, die man sich zwischen Job und Familienbesuch übergestreift hat. Man ist nicht Mitarbeiter:in, nicht Kolleg:in, nicht Mama, nicht Tochter, nicht Freund:in, einfach mal kurz nur Mensch. Gewissermaßen vegetiert man vor sich hin. Herrlich.

Nur dass ich aus diesem Rohzustand jedes Jahr aufs Neue so furchtbar schwer wieder herauskomme. Plötzlich drücken Stiefel und Jeans, wollen schnellstmöglich wieder gegen Puschen und Leggings getauscht werden und das Bett ruft lauter als jede After-Work-Aktivität. Ich will weder Fitnessstudio noch Feierabendbier, ich will ins Bett. Und während ich mich gerade frage, ob das wohl die furchterregende Winterdepression ist, die da anklopft, fällt mir ein, dass mir dieser Gedanke bekannt vorkommt. Und schon grüßen wir uns freundlich und ich nehme ihm den schweren Mantel der Verstimmung ab, denn wir erinnern uns: Wir kennen uns und haben uns dazu noch ziemlich gern.

Wonach sehne ich mich, wenn ich die Sehnsucht nach dem Nichtstun stille?

Also strecke ich dem Januar-Blues nicht nur die Hand aus, ich umarme ihn sogar (soll man heutzutage doch ohnehin mit allem machen) und bitte ihn, ein wenig zu bleiben. Er ist meine Legitimation für einen Monat Rückzug im Jahr. Es ist grau und nass, es gibt keinen Grund, nach draußen zu gehen, sein Sozialleben hat man im Dezember wirklich genug bedient, genauso die kulinarischen Gelüste. Reichlich Zeit also, sich um sich zu kümmern. Ganz ohne Ablenkung. Was passiert, wenn das Hamsterrad kurz stillsteht? Wie möchte ich meinen Alltag eigentlich gestalten, wenn es nur nach mir geht? Was bleibt? Was darf gehen? Wonach sehne ich mich, wenn ich die Sehnsucht nach dem Nichtstun stille? Weiß ich nicht. Finde ich jetzt aber heraus. Im Bett, denn es wird schon wieder dunkel und ich glaube, ich sollte dringend Feierabend machen.

Und an alle, die mich nach meinen Neujahrsvorsätzen fragen: Über Neustart können wir im Februar nochmal sprechen. Und dann fange ich vielleicht sogar die Yoga-Challenge an. Oder gehe ins Fitnessstudio, das dann bestimmt schon wieder schön leer ist. Oder finde heraus, dass ich nichts von alldem tue, weil ich das Nichtstun so liebe, dass es mein Vorsatz wird. 

Eine persönliche Bitte: Der Januar-Blues sollte nicht mit einer depressiven Episode verwechseltt werden. Letzteres ist keine schöne Auszeit, sondern eine ernstzunehmende Krankheit, die professionelle Hilfe benötigt. Du hast Sorgen, die du teilen möchtest? Rund um die Uhr nimmt die Telefonseelsorge anonym Anrufe an, Telefon 0800/1110111 oder 0800/1110222, www.telefonseelsorge.deWeitere Informationen und Hilfe zum Umgang gibt es auch bei der Deutschen Depressionshilfe, Telefon 0800/3344533 oder unter www.deutsche-depressionshilfe.de.


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