"Das hat auch mal besser gepasst": Wie wir mit Bodyshaming umgehen – wenn es von unserem Partner kommt

"Das hat auch mal besser gepasst": Wie wir mit Bodyshaming umgehen – wenn es von unserem Partner kommt

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Die naheliegende Reaktion auf Bodyshaming der Beziehungsperson mag “Ich verlasse ihn?!” sein – doch wir haben dazu noch ein paar mehr Gedanken.

Die Frau und die Schönheit scheinen in unserer Gesellschaft Begriffe, die synonym zueinanderstehen. “Schönheit gilt als weibliche Eigenschaft und wird zu einer Notwendigkeit, die tief im sozialen System verwurzelt ist”, heißt es in einer Studie zum Schönheitsstandard für Frauen. Was allerdings “schön” ist, liegt nicht nur im Auge der betrachtenden Person, sondern hängt auch vor allem mit der Zeit und der Kultur zusammen, in der dieser Mensch aufwächst. Der Duden beschreibt das Adjektiv als etwas “von einem Aussehen, das so anziehend auf jemanden wirkt, dass es als wohlgefällig, bewundernswert empfunden wird”. 

Und was unsere Gesellschaft bewundert, sind schlanke Menschen. “Das Ideal der weiblichen Schönheit hat sich von einem Symbol der Fruchtbarkeit zu einem der mathematischen berechneten Proportionen gewandelt. Es hat die Form eines Bildes angenommen, das den sexuellen Wünschen der Männer entspricht”, heißt es in einer anderen Studie über die sich verändernden Schönheitsideale in Bezug auf das Gewicht der Frau. 

In diesem Kontext ist es – leider – nicht ungewöhnlich, dass Menschen das Gewicht einer anderen Person kommentieren. Aussagen wie “Das sitzt aber ganz schön eng” oder “Viel Platz für ein Mittagessen hast du darin aber nicht mehr”, sind nur die Spitze des Eisbergs und letztlich vor allem eins: Diskriminierung. Eine DAK-Studie aus 2016 kam zu dem Ergebnis, dass mehrgewichtigen Menschen mit Vorurteilen und Ausgrenzung begegnet wird. Für viele ist eine verletzende Aussage von einer fremden Person schon unangenehm – doch wie fühlt es sich erst an, wenn der:die eigene Partner:in das Gewicht kommentiert? Welche Konsequenzen hat das für unsere Psyche – und unsere Beziehung mit dieser Person – und wie können wir damit umgehen?

Was Bodyshaming mit uns macht

Wann sprechen wir eigentlich von Body- beziehungsweise Fatshaming? Dr. Elizabeth Fedrick, Inhaberin von Evolve Counseling & Behavioral Health Services in Arizona gibt im Interview mit “Well + Good” folgende Definition: “Jede Art von Verhalten, bei dem jemand verspottet oder kritisiert wird, damit er:sie sich wegen des eigenen Körpergewichts verlegen, unsicher oder ungenügend fühlt, ist Fatshaming.” Die Intention hinter solchen verbalen Angriffen wird von manchen Menschen als wohlwollend gerechtfertigt: Man wollte die mehrgewichtige Person “motivieren”.

Unabhängig davon, dass verbale Gewalt selten ein guter Motivator für etwas ist, zeigen bereits Studien, dass Fat- und Bodyshaming genau den gegenteiligen Effekt haben. Diskriminierung sorgt für Stress und der wiederum sorgt bei den Betroffenen für negative Emotionen – und genau diese Gefühle können sie dazu bringen, mehr zu essen. Ein Teufelskreis.

Warum Kommentare über unser Äußeres gerade von Partner:innen so schädlich sind

Ob wir uns darüber bewusst sind oder nicht: Kommentare über unser Aussehen – egal ob sie sich auf unseren Kleidungsstil, Frisur oder auch auf unser Gewicht beziehen – bleiben an uns haften, wenn wir ihnen immer wieder von den Menschen ausgesetzt sind, die uns wichtig sind. Dabei ist es zunächst einmal zweitrangig, ob so ein Verhalten einmalig oder wiederholt stattfindet, ob in der Öffentlichkeit oder im Privaten.

Denn: Was mit dem Ziel zu verletzen, schikanieren oder um emotionales Unwohlsein im Gegenüber auszulösen gesagt wird, sei eine Form von emotionalem Missbrauch, erklärt Dr. Fedrick. Insbesondere unsere romantisch-sexuelle Beziehung ist für viele Menschen ein “safe space”, also ein Ort, an dem sie sich sicher fühlen können (und können müssen). Kommentare, Beleidigungen, Unterstellungen und andere Formen verbaler Gewalt stellen für diesen Ort – und letztlich die Beziehung – eine große Gefahr dar. Schließlich wünschen wir uns von unseren Partner:innen, dass sie uns “attraktiv und würdig” betrachten, so die Wissenschaftlerin. Ein verletzendes Verhalten von einem uns so nahestehenden Menschen, kann ernste Zweifel in uns wecken – an seiner Liebe, seinem Begehren und unseren Wert in seinen Augen.

Was du tun kannst, wenn der Lieblingsmensch dein Gewicht kommentiert

Wie bereits erwähnt: Oftmals denken Menschen, die das Gewicht anderer kommentieren, sie würden dies aus Sorge und anderen hehren Gründen tun. Vielen ist gar nicht unbedingt klar, wie destruktiv ihre Aussagen sind in Bezug auf ihr eigentliches Ziel und das Miteinander mit der anderen Person. Gerade wenn der:die Partner:in sich nicht darüber bewusst sein sollte, kann es hilfreich sein, genaue Beispiele nennen zu können – oder gleich in der Situation zu reagieren, was vielen aber schwerer fällt. So oder so ist es ungemein wichtig, klare eigene Grenzen zu kommunizieren. Wie das aussehen kann:

“Ich mag es nicht, wenn du mein Gewicht zum Thema machst. Bitte lass das sein.”

Respektiert dein Gegenüber deine Grenze: wunderbar. Doch es kann immer mal passieren, dass der:die Partner:in dein Gewicht erneut kommentiert. Hier ist es nun besonders wichtig, eindeutige Grenzen zu ziehen, zum Beispiel durch Aussagen wie:

“Ich habe dich bereits darum gebeten, nicht über mein Gewicht zu sprechen. Wenn das noch einmal vorkommen sollte, werde ich mich aus dem Gespräch zurückziehen.”

Kommt das Thema dann doch noch einmal auf, rät Dr. Fedrick dazu, sich auch wirklich aus der Konversation zurückzuziehen, bis das Gewicht nicht mehr Gesprächsthema ist. Notfalls muss man sich aus mehr zurückziehen, erklärt sie weiter: “Leider kann das manchmal bedeuten, dass wir uns von Menschen und Beziehungen entfernen müssen, die nicht dazu in der Lage sind, freundlich, rücksichtsvoll oder respektvoll gegenüber unseren Grenzen zu sein.”

Verwendete Quellen: wellandgood.com, pubmed.ncbi.nlm.nih.gov, ncbi.nlm.nih.gov, healthline.com, researchgate.net, duden.de, dak.de

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