Weich und flauschig: Anzeichen dafür, dass du leider zu freundlich bist

Aktuel

Ja, es gibt ein zu viel der Freundlichkeit. Woran du es bei dir selbst erkennen kannst.

Nun mag manche Person die Überschrift gelesen haben und sich denken: “Wie bitte? Wie kann man denn zu nett sein? Es ist nie verkehrt, freundlich zu den Mitmenschen zu sein!” Und sicherlich hätte diese Person mit dem Einwand recht: Freundlichkeit ist ansteckend, senkt den Stress und hilft gegen Angststörungen. Welchen Grund gäbe es also, weniger freundlich zu sein?

Tatsächlich ist es so: Wie bei so vielen Dingen im Leben, ist auch beim Thema Freundlichkeit das Maß absolut entscheidend. Es kann ein zuviel an Freundlichkeit geben, wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse regelmäßig hintenanstellen, vorrangig anderen Leuten gefallen wollen und wichtigen Konflikten aus dem Weg gehen. Wir haben ein paar Anzeichen gesammelt, die darauf hinweisen können, dass du leider zu nett bist.

Du bist ein People-Pleaser

Wann hast du das letzte Mal zu einer Person gesagt: “Da habe ich eine andere Meinung”? Einem People-Pleaser läuft womöglich bereits beim Gedanken an diese Form der Konfrontation ein kalter Schauer den Rücken hinunter. “Ihre Gedanken kreisen stets um die Frage, wie sie es erreichen, dass die anderen um sie herum zufrieden sind”, erklärt Diplom-Psychologin Dr. Bärbel Wardetzki das Phäonomen im Interview mit dem Gesundheitsmagazin der “AOK”. So würden sie nicht nur ihre Denkweise und ihr Verhalten nach anderen Menschen ausrichten, sondern auch ihre Gefühle. “Wer es allen recht machen möchte, versteckt beispielsweise die eigene Wut, wenn diese in Gesellschaft nicht angebracht zu sein scheint.”

Video: Darum tut es dir nicht gut, “zu nett” zu sein

 

Warum neigen bestimmte Menschen dazu, immer gefallen zu wollen? Unter Umständen liege der Ursprung in einer Sucht nach Anerkennung, so die Psychologin. Möglich ist aber auch ein starkes Harmoniebedürfnis und vor allem eine Angst davor, abgelehnt zu werden. “Sie erhoffen sich durch ihr Verhalten, dass sie Menschen in ihrer Umgebung gefallen und diese sie akzeptieren.” Ein Verhaltensmuster, welches seinen Ursprung nicht selten in der Kindheit habe: Wenn das Kind beispielsweise nur Liebe und Aufmerksamkeit erfährt, wenn es dafür sorgt, dass es den Eltern gut geht.

Ständig entschuldigst du dich für irgendetwas

Ein Mensch rempelt dich beim Vorbeigehen an – es ist so offensichtlich, dass er sich rücksichtslos verhalten hat und trotzdem bist du die Person, die sich instinktiv entschuldigt. Kommt dir das bekannt vor? Übermaßiges Entschuldigen kann tatsächlich ein Hinweis darauf sein, dass du zu freundlich bist – sogar unter Umständen auf eine psychische Erkrankung. Natürlich gibt es viele Momente, in denen es mehr als angebracht ist, sich zu entschuldigen – doch genauso gibt es auch Momente, in denen eine Entschuldigung nicht hilfreich ist.

Es kann mehrere Gründe geben, warum wir das Bedürfnis verspüren, uns ständig zu entschuldigen:

  • falsche Schuld (wir fühlen uns also verantwortlich, obwohl wir es nicht sind)
  • übertragene Schuld (wir fühlen uns für das Verhalten anderer schuldig, weil diese selbst keine Schuld empfinden)
  • das Bestreben nach Anerkennung (hierbei ist die Grenze zum People-Pleaser fließend)
  • ein geringes Selbstwertgefühl

“Wenn jemand ein geringes Selbstwertgefühl hat, hat die Person vielleicht das Empfinden, zu viel Platz zu beanspruchen, zu viel zu verlangen oder störend zu sein”, erklärt Shahar Lawrence im Gespräch mit “PsychCentral”. “In diesem Fall entschuldigen sie sich ausgiebig, weil sie das Gefühl haben, dass sie keine Zeit, keinen Platz und keine Aufmerksamkeit verdienen.” Statt sich ständig für alles zu entschuldigen, kannst du versuchen, dich zu bedanken: “Tut mir leid, dass ich zu spät komme” kann dann zu einem “Danke für deine Geduld” werden. “Sorry, ich kann heute nicht kommen” wird ein “Danke für die Einladung, ich kann heute nicht”. 

Und manchmal ist es auch vollkommen in Ordnung, unser Bedürfnis einer Entschuldigung herunterzuschlucken, erklärt die Psychologin Dr. Cynthia King gegenüber “PsychCentral”: “Es kann bedeutsam sein, eine Pause zu machen, bevor wir reagieren.” In dieser Zeit können wir uns einen Moment nehmen und uns fragen: Habe ich wirklich etwas falsch gemacht? Und falls ja: Wie schlimm war dieser Fehler wirklich?

Du vermeidest Konflikte, wo es nur geht

Wer Konflikte vermeidet, leidet zumeist unter einer tief verwurzelten Angst davor, andere zu verärgern. Möglicherweise bist du in einem Umfeld aufgewachsen, das sehr abweisend und kritisch war. Deine eigene Meinung laut auszusprechen und – schlimmer noch – zu verteidigen, mag sich für dich nervenaufreibend und sogar beängstigend anfühlen. Und die naheliegende Lösung ist: Sie für dich zu behalten. Schließlich bist du ein freundlicher Mensch, der nicht auf Konflikte um der Konflikte wegen aus ist. Der sich seinen Teil denken kann. Aber ist es so einfach?

Wer Konflikte vermeidet – ob in romantischen, platonischen oder professionellen Beziehungen – neigt dazu:  

  • Probleme zu verleugnen oder zu ignorieren
  • Gesprächen oder bestimmten Themen gezielt auszuweichen
  • Einen inneren Groll gegenüber Menschen beziehungsweise ungelösten Problemen zu hegen

Was sich im ersten Moment also vielleicht nach der leichteren Lösung anfühlen mag, hat langfristige und negative Konsequenzen – für deine Psyche und deinen Körper. Eine Studie kam sogar zu dem Ergebnis, dass es gesundheitsschädigend sein kann, die eigenen Gefühle immer herunterzuschlucken. 

Wer zu solchen Verhaltensweisen neigt, kann versuchen, einen neuen Rahmen für eine Konfrontation zu finden: Denn die muss nicht immer gleich ein destruktiver Streit sein. Ein Konflikt hat viele positive Seiten, kann Veränderungen herbeiführen, die sich gut und richtig anfühlen. Es kann auch hilfreich sein, sich auf eine Konfrontation vorzubereiten, die Punkte, die wichtig sind, für sich beispielsweise vorzuformulieren. Vor allem: Es ist in Ordnung, dass du dich im Moment eines Konflikts nicht wohlfühlst. Deine Emotionen haben ihre Berechtigung – doch die haben du als Person und deine Sorgen und Bedenken eben auch.

Verwendete Quellen: randomactsofkindness.org, pubmed.ncbi.nlm.nih.gov, psych.ubc.ca, aok.de, psychcentral.com, healthline.com, “Psych2Go” auf youtube.com

Source: Aktue